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Herstellerporträt
Die Hiddenseer Kutterfischer. Echt und zum Anfassen, zupackend auch
Manchmal ist das, was man für ein Klischee hält, in Wirklichkeit das pralle Leben. Hafenromantik ist dafür das beste Beispiel, bunt herumstehende Kisten, Ballen von Netzen, Pricken, Tonnen, Gerätschaften, deren Bestimmung Landratten Rätsel aufgibt. Kutter liegen am Pier, leicht schwankend, auch sie angefüllt mit allerlei Dingen der Seefahrt. Mitten darin der gelassen arbeitende, auf jeden Fall wortkarge Fischer, die Hände rau und gerötet, das Haupt wettergegerbt, vielleicht von einer kleinen Wollmütze geschützt. Seine kräftigen Handgriffe traumwandlerisch sicher, emsig, seine Stimmung meditativ, vielleicht mit einem kleinen Anflug von grauer Routine.
Hidenseer Kutterfischer
Einmal frischen Fisch oder Krabben direkt vom Kutter kaufen: der Traum aller Küstenurlauber, in deren Köpfen sich die kleine Alltagsszene mit den Farben und Motiven so vieler Küsten-Fischer-Sehnsuchtsmaler anreichert. Und dann erwacht man unversehens aus seinem Traum und stellt fest: Das gibt es ja wirklich! Hier und jetzt, wo ich stehe! Und so ist es auch. Zum Beispiel auf Hiddensee, von der Form her so etwas wie die kleine Schwester von Sylt, nur auf der anderen Seite in der Ostsee gelegen. Dort wollten die Kutterfischer gerade nicht zu Statisten einer schönen Hafenromantik werden, sondern sie machten sich Gedanken, wie sie ihr Handwerk regional und nachhaltig und doch für sie auch lebenssichernd bewahren könnten.
Denn: Wenn man einen der Kutter übers Meer in den Hafen einlaufen sieht, erstaunlich flott und wendig übrigens, dann kann man es erst mal kaum glauben, dass dieses Bötchen ein veritables Schiff sein soll, von dem aus professionell Fischfang betrieben wird. Ein Winzling im Vergleich mit Hochseefischern. Die vollen Kisten mit Steinbutt oder Hering belehren einen eines Besseren, sobald das Schiff festmacht. Der Fisch wurde schon unterwegs mit Eis in Kisten verpackt und wartet darauf, direkt verkauft oder in der Gastronomie verarbeitet zu werden. Hier liegt eines der Probleme, das zugleich zur Schlüsselidee der Hiddenseer Kutterfischer wurde: Der Fisch muss haltbar gemacht werden, insbesondere der Hering, denn seine Fangsaison liegt zu einer Zeit, wenn es eben kaum Touristen gibt, die ihn vor Ort verspeisen könnten.
An dieser Stelle kommt der Gastronom Matthias Schilling ins Spiel, der mit Öhe nicht nur über seine eigene Insel direkt vor Hiddensee verfügt, sondern aufgrund einer siebenhundertjährigen Familiengeschichte am Ort Heimatverbundenheit nicht erst erfinden musste. Unter Schillings Ägide taten sich die Fischer zu einem Verein zusammen, den „Hiddenseer Kutterfischern“.
Acht Fischer mit neun Kuttern gehören dazu. Sie fischen wie eh und je mit Stellnetzen, fahren also raus, um sie zu setzen, und holen sie später samt Fisch wieder ein. Eine klassische Methode des Fischereihandwerks. Für den Hering fand sich in Stralsund die alteingesessene Fischkonservenfabrik. Dorthin hat der Fisch kurze Wege, und die jahrzehntelange Erfahrung mit Dosenfisch kommt den Produkten ganz überzeugend zugute. Schlussendlich landet der Fisch wieder auf Hiddensee, im eigenen kleinen Lädchen, aber auch weiter weg kann man ihn kaufen, so auch bei uns.
Wann, wenn nicht jetzt, hätte man diese Initiative starten sollen, zeigt sich Schilling im Interview überzeugt. Die Fischer sorgen dafür, dass Hiddensee nicht zur Disneyland-Kulisse wird, und sie haben ihr Schicksal selbst in die Hand genommen. Gegen Fischereigiganten kämpfen, das ist nicht ihr Ziel. Sie wollen einfach bei ihrem Handwerk bleiben, rausfahren, fischen, davon leben. Und mit ihrem Kutterfisch in Dosen davon auf kulinarische Weise erzählen.